Es war so ein Tag, an dem ich etwas Zeit totschlagen musste. Solche Tage sind allerdings eher selten. Eines unserer Kinder hatte Geburtstag und wünschte sich einen Tag in einem Indoorspielparadies. Es ist ja irgendwie sehr praktisch, wenn sich die Kinder selber beschäftigen, selber herumtollen und selber die verschiedenen Spielgeräte rauf und runter jagen. Dabei werden sie selber müde, ohne dass Papa ständig die Schaukel anschieben muss. Deswegen redete ich dem Kind seinen Wunsch nicht aus zu Gunsten eines Wander- und Grillausflugs Anfangs Januar bei minus 10 Grad C.
Da ich eine völlige Abneigung habe gegen elektronische Geräte, bei denen man - nimmt man sie in die Hand (und in die Hand nehmen muss man sie ja) - vollkommen ungewollt irgend einen Knopf drückt und damit eine Funktion in Gang setzt, habe ich mit Smartphones nur sehr widerwillig und zurückhaltend Erfahrungen gesammelt. Und wenn man beruflich ohnehin den ganzen Tag mit Computern zu tun hat, braucht es auch mal einen analogen Tag als Ausgleich.
Doch wie gesagt: etwas Zeit war kleinzukriegen, und damit sank die Hemmschwelle, eines der familieneigenen Smartphones mal näher zu betrachten.
Dann fand ich die Applikation, mit welcher man Portraitaufnahmen verschönern, entfremden, dekorieren oder verhunzen kann. Ist zwar in dieser Version nicht gerade Adobes Photoshop - doch um ein paar lustige Grinser auszulösen reicht es allemal.
Am besten - da die Kinder ja irgendwo auf einem Trampolin oder was weiss ich waren - macht man also eine Fotografie von sich selbst und übt damit herum. Im Stillen, ohne dass einem dabei jemand über die Schultern schielt.
Ähmm... Nun, immerhin ist es ein Fortschritt, dass heutige Handys auf beiden Seiten eine Kameralinse haben. Als Mensch aus analogen Zeiten stammend zuckt man allein deshalb schon zusammen, denkt man an das Geld, was zwei Fotoapparate damals gekostet hätten. Und mittlerweile sind die Handyfotos nicht mal mehr schlecht - eigentlich schon fast brauchbar: Alle Achtung.
Gut - kann ja wohl nichts mehr schiefgehen, denke ich. Erste Tests mit Portraits anderer Personen ergaben, dass Elchgeweih und Sylvestermütze wirklich simpel zu applizieren und skalieren sind.
Ich richte also die Fotolinse auf mich, suche einen geeigneten Ausschnitt und löse die Aufnahme innerhalb dieser Applikation aus. Das Bild wird gemacht, und jetzt holt mich die Realität mega-krass-brutal ein: Jeder Psychotherapeut würde sofort entlassen und mit Berufsverbot belegt, jeder Vorgesetzte hätte umgehend eine hässliche Klage wegen Bossing am Hals.
Die Software des Smartphones rechnet eine ganze Zeitlang und gibt dann - bei sämtlichen Versuchen übrigens (und immer nur bei meinem Gesicht) - die Fehlermeldung aus: "Kein Gesicht erkannt".